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[31.05.2005] Es leben der Separatismus im Judo (aus Stuttgarter Zeitung)

Der geplante Zusammenschluss der beiden Verbände aus Württemberg und Baden droht zu scheitern

Eigentlich ist alles längst klar gewesen: Am 5. Juni wollten der württembergische und der badische Judo-Verband ihre Fusion beschließen - doch aus Südbaden soll das nun verhindert werden. Der Fall ist ein Lehrstück für die Befindlichkeiten im geteilten Sport in Baden-Württemberg.

Von Tobias Schall

Es sollte ein großer Tag werden, dieser 5. Juni 2005 für den baden-württembergischen Judo-Sport. Im Mühlhof zu Mühlacker sollte Historisches beschlossen und nach der Abstimmung der Mitglieder aus Baden und Württemberg feierlich die Verschmelzung der beiden Verbände zum Judo-Verband Baden-Württemberg (JVBW) postuliert werden. Die neue Satzung ist längst fertig, das neue Emblem entworfen, die Zustimmung der Delegierten aus beiden Landesteilen gesichert, die Fusion so gut wie eingetütet. Dachte man. Doch nun beginnt das große Zittern. "Ich weiß nicht, ob es klappt", sagt Badens Vorsitzender Norbert Nolte.

Er will nicht mehr dazu sagen, möchte die Stimmung nicht zusätzlich anheizen, die Sorge, dass das Mammutprojekt kippt, ist ohnehin schon groß, weil nach StZ-Informationen der Badische Sportbund Freiburg bestrebt ist, die Fusion zu kippen. Der Verband, so sagen Insider, fürchtet um Einfluss auf der Ebene des Landessportverbandes und sorgt sich darum, dass diese Fusion ein Signal sein könnte, das auch die drei Sportbünde in Frage stellt. Die Geschichte der Verschmelzung ist ein Lehrstück über die Befindlichkeiten und Probleme im Sport des Landes Baden-Württemberg - aber der Reihe nach.

Stand Dezember 2004: Der Notar Klaus-Peter Rückert hat einen 15-seitigen Verschmelzungsvertrag zwischen dem Württembergischen und dem Badischen Judo-Verband aufgesetzt. Dieser wird im Amtsgericht Karlsruhe beurkundet und von den Präsidenten unterzeichnet. Damit ist ein Schlussstrich unter die jahrelangen Bestrebungen gezogen, mit dem Dokument wird der Zusammenschluss rechtlich besiegelt - vorbehaltlich des Paragrafen 5, Absatz 1: "Der Verschmelzungsvertrag wird nur wirksam, wenn ihm die Mitglieder des BJV und des WJV (. . .) zustimmen." Zum damaligen Zeitpunkt gehen die Präsidenten von einer reinen Formalie aus, schließlich hat man in langer Vorbereitung den Grundstein dafür gelegt und ist sich der Zustimmung sicher.

Stand März 2005: Der Präsident des Deutschen Judo-Bundes (DJB) gratuliert in der Märzausgabe des Verbandsorgans im Vorgriff auf die Zustimmung der Mitglieder: "In diesem Monat möchte ich zunächst den Landesverbänden Baden und Württemberg bereits jetzt zur anstehenden Fusion zum neuen ,Judo-Verband Baden-Württemberg" gratulieren, die am 5. Juni vollzogen werden soll. Ich meine, dies ist ein richtungweisender Schritt, der auch beispielhaft für den Weg des Sports in Baden-Württemberg steht. Durch diesen Zusammenschluss entsteht der zweitgrößte Judo-Landesverband. Die daraus resultierenden Synergien werden dem Judosport in ganz Deutschland gut tun. Herzlichst, Ihr Peter Frese, DJB-Präsident."

Stand April 2005: Die Synergien haben sich verflüchtigt - die Fusion steht vor dem Scheitern: Der Geschäftsführer des Badischen Sportbundes Freiburg, Michael Krause, macht in einem Gespräch auf vermeintliche Probleme aufmerksam und versucht, die beiden Parteien von ihrem Entschluss abzubringen. In Südbaden sorgt man sich darum, dass der Verband Einfluss im Land verliert, wenn sich immer mehr Fachverbände baden-württembergisch organisieren - zumal der Sportbund Freiburg der eifrigste Verfechter der Struktur im Land mit seiner Teilung in Nordbaden, Südbaden und Württemberg ist. Eine steigende Zahl an fusionierten Fachverbände würde auch den Druck auf die übergeordnete Instanz weiter erhöhen, einen Zusammenschluss ernsthaft anzugehen. Einige südbadische Judo-Vereine fürchten nun, dass sie im Falle einer Ja-Stimme in Sachen Fusion später dadurch Nachteile erleiden würden. Die Zahl der Gegner wächst jedenfalls.

Stand Ende Mai 2005: Die Diskussion gewinnt an Dynamik - und Schärfe. Die Fusion gerät immer stärker in Gefahr. Nun schaltet sich auch das Kultusministerium Baden-Württemberg in die Sache ein, um eine Art Vermittlerrolle zu übernehmen. "Wir würden prinzipiell eine Fusion begrüßen, aber wir greifen nicht in Autonomie des Sports ein", heißt es zwar dazu aus dem Ministerium. Es ist allerdings ein offenes Geheimnis, dass das Kultusministerium gerne einen einheitlichen Landessportbund sähe. Ein Zusammenschluss der Judokas wäre ein weiteres Signal an die Funktionäre und würde, wenn weitere Fachverbände fusionieren (zum Beispiel der Fußball, in dem es starke Bestrebungen in diese Richtung gibt), auch die Daseinsberechtigung der drei Sportbünde immer stärker in Frage stellen.

Ausblick 5. Juni 2005: Die Mitgliederversammlungen entscheiden über den Zusammenschluss, Ausgang offen. Während auf Württemberger Seite die Zustimmung als relativ sicher gilt, wird auf Badener Seite gezittert. Drei Viertel der anwesenden Stimmen sind dort nötig, um die Verschmelzung zu besiegeln. "Das wird eine knappe Sache", sagt der Präsident Norbert Nolte: "Aber ich hoffe, es klappt.":